Entstehung und Entwicklung der Ortschaft Hof
Weit in der Flur zerstreut, liegt am westlichen Fuße des Lambergs – der Hausberg der Chamer genannt – die Ortschaft Hof. Vor 125 Jahren ca. 30 Anwesen umfassend, hat es sich heute zu einem ansehnlichen Dorf entwickelt, das aus der ehemaligen Schlossherrschaft, dem “Sitz zum Hoff“ hervorgegangen ist, so wie ihn unser Bild – ein Stich von Wening aus dem 17. Jahrhundert – zeigt.
Das ist der ehemalige “Hof“, der dem Ort seinen Namen gab. Äußerlich sind Alter und Bedeutung dieses einstigen Landsassengutes nicht mehr zu erkennen. Betritt man aber das Haus, das ein 1,80 m dickes Natursteingemäuer aufweist, wird einem erst bewusst, in welch uraltem Gebäude man sich befindet. Aufgebaut auf gewachsenem Fels, hat es unerschütterlich die Jahrhunderte überdauert. Hof ist, nach seinen baulichen Merkmalen zu urteilen, wesentlich älter, als die schriftlichen Aufzeichnungen hierüber angeben.
Nicht nur die Ringwallanlage, die noch auf dem Stich von Wening zu erkennen ist, (Wallburgen oder sogenannte Bauernburgen entstanden namentlich im 7. und 8. Jahrhundert) erhärten diese Meinung. Sie lässt sich auch aus einer alten Urkunde entnehmen: Im Jahre 819 machte Bischof Baturick eine “Pireisa“ (Bereisung) zu der “Cella ad Chambe super regnum flumen“ (Klösterlein bei Chamb am Regenfluss). Zweck dieser Reise war es, den “Leuten am Janahofbache“ zu untersagen, auf dem Land, das Herzog Odilo den Mönchen von St. Emmeran im Jahre 740 zur Klostergründung geschenkt hatte, Rodungen anzulegen. Die Bemühungen des Bischofs waren jedoch vergeblich, die Leute blieben auf ihren Rodungen. Diese waren, wie aus dem Text der Urkunde klar hervorgeht “auf dem rechten Ufer des Janahofbaches, nahe beim Klösterlein Chammünster“. Hof lag also in diesem Rodungsgebiet. Wir dürfen daher wohl mit Recht annehmen, dass Hof schon im 8. Jahrhundert bestanden hat.
Hof war ein kleines Gut, ein Herrensitz. Daneben gab es nur wenige “Sölden“ (Kleingütler), die aus dem ehemals unfreien Gesinde der Grundherren hervorgegangen waren.
Das “Landsassengut Hof bei Cham“ tritt erst verhältnismäßig spät ins Licht der Geschichte. In einem Lehenbrief von 1524 wird erstmals das gesamte “Lehen Hof“ näher beschrieben: Sitz und Hofmark Hof werden darin aufgeführt wie auch “ein Holzwachs am Distelberg“, 8 Sölden und ein Lehen in der Riede“.
Als Besitzer erscheinen in alten Steuerbüchern 1573 ein “Christoph Püdensdorfer zum Hof“, 1609 ein “Hans Ulrich von und zu Püdensdorf auf Hof“. 1676 wird als “Leheninhaber“ Dr. Korbinian Wolfgang Gerbel benannt, von ihm stammt auch das Wappen “Derer zu Hoff“: 2 Mondsicheln, die sich Rücken an Rücken berühren. Im Jahre 1727 wird das Gut an die Sinzl übertragen.
Im Laufe des 30jährigen Krieges aber wurde – wie Schuegraf berichtet – Hof durch Brand verwüstet und die Bewohner wurden vertrieben. 1827 erscheint Andreas von Moreau als neuer Inhaber. Er soll der Nachfahre eines französischen Leutnants gewesen sein, der sich nach den Kriegswirren dieser Jahre in der Gegend niedergelassen hat. Dieser Herr von Moreau vergantete später in Hof und zog mit seiner Frau nach Cham. In dieser Zeit begann auch das Ende des Schlosses Hof.
In früher Geschichte gegründet, im Mittelalter als Edelsitz in hoher Blüte, im 30jährigen Krieg ausgebrannt, später von seinen Gutsherren heruntergewirtschaftet, so ist es heute in seiner schlichten, bäuerlichen Fassade nur mehr ein kümmerlicher Rest einer großen Vergangenheit.
Als im Jahre 1848 dann endgültig mit den Vorrechten des Adels aufgeräumt wurde, begann die Zertrümmerung des Schlossgrundbesitzes. Die ehemals vom Schloss abhängigen Leute konnten sich nun eigenen Grund und Boden erwerben und damit ihre Selbständigkeit. Und hier beginnt auch die Eigenständigkeit der Ortschaft Hof.
In diese Zeit fällt auch die Gemeindebildung. Hof wurde zuerst im Jahre 1818 der Gemeinde Chammünster zugeschlagen, da man auf die Zugehörigkeit zu einer Pfarrei großen Wert legte. Später wurde Hof wieder abgetrennt und selbständige Gemeinde. Ab 1854 weisen die Akten eine Gemeinde Hof aus. Diese hatte dann fast 100 Jahre Bestand, bis 1946 durch die amerikanische Militärregierung die Selbständigkeit aufgelöst und Hof in die Gemeinde Chammünster eingegliedert wurde, um nach weiteren 3 Jahrzehnten ein Ortsteil der Stadt Cham zu werden.
Dass auch in der “guten alten Zeit“ die Bewohner von Hof nicht auf Rosen gebettet waren, zeigen die vielen Besitzwechsel, gerade der kleineren Anwesen ausgangs des 19. Jahrhunderts. Nur durch zähen Fleiß und Anspruchslosigkeit konnte der eben erst erworbene Besitz gehalten werden.
Der 1. Weltkrieg rief dann einen Großteil der Männer an die Front nach Frankreich. Sieben von ihnen kehrten nicht mehr zurück. Aber auch der 2. Weltkrieg forderte wieder seinen Tribut. 53 Männer zogen an die Fronten, 18 davon sahen ihre Heimat nicht mehr wieder. Ihre Gräber liegen in Polen, Frankreich, Afrika und Russland. Mögen doch besonders für die Dorfbewohner ihre Namen noch in Erinnerung bleiben: Jobst Franz, Wallner Josef, Strobl Max, Strobl Ludwig, Meier Max, Wanninger Ludwig, Seebauer Josef, Hilpl Albert, Hilpl Max, Hilpl Johann, Haberl Ludwig, Haberl Johann, Haberl Max, Graf Ferdinand, Stoiber Franz, Wittmann Alfons, Sonnleitner Ludwig und Eisenreich Alois. Für viele Überlebende aber folgten nach Kriegsende harte Jahre der Gefangenschaft. Die verbliebenen Dorfbewohner aber mussten bei Ende des Krieges eine große Zahl von schlesischen Flüchtlingsfamilien aufnehmen, groß war die Wohnungsnot, aber durch die Hilfsbereitschaft der Einwohner konnte vieles gelindert werden. Die Nachkriegsjahre brachten dann, wie überall in unserem Lande, den großen Aufschwung des Dorfes. Die Einwohnerzahl stieg ständig, immer mehr neue Häuser kamen hinzu. Waren vor 100 Jahren die Einwohner noch Taglöhner und kleine Landwirte, so sind sie heute tüchtige, fleißige Facharbeiter, die sich in Handwerks- und Industrieunternehmen der näheren und weiteren Umgebung ihr Brot verdienen oder sich eigene, selbständige Handwerksbetriebe aufgebaut haben.
Dank dieses Fleißes der “Hofinger“ hat sich aus der ehemaligen Hofmark ein stattliches Dorf entwickelt. Und obwohl die Häuser zum Teil recht weit zerstreut sind, ist eines geblieben: Das ausgeprägte Zusammengehörigkeitsgefühl und die Hilfsbereitschaft, die besonders in Veranstaltungen und Festen zum Ausdruck kommt und es ist zu wünschen und zu hoffen, dass es auch in Zukunft so bleiben wird.
Aufnahme vom 6.Sept. 2013